PLUTAnews Ausgabe 28
Wir helfen Unternehmen.

Eigenverwaltung – Das Vertrauen wird gestärkt

Mai 2024

Der Zugang zur Eigenverwaltung ist seit drei Jahren strenger reglementiert. Aus unserer Sicht ein passender Zeitraum, um das Sanierungsinstrument zu analysieren und ein erstes Fazit zu ziehen.

Seit der Einführung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) im Jahr 2012 ist das Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung ein probates Mittel, um Unternehmen zu restrukturieren. Und dies ist bereits frühzeitig im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit möglich, also bis zu 24 Monate vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit.

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Fazit: Regelungen haben sich bewährt

Die Konkretisierung der Eigenverwaltung und die neuen Regelungen haben sich in der Praxis bewährt. Die Eigenverwaltung wurde anhand verschiedener Kriterien für die Beteiligten nun nachvollziehbarer. Damit wurde das Vertrauen in das Eigenverwaltungsverfahren gestärkt, und davon profitieren in der Regel auch die Gläubiger. Denn eine erfolgreiche Sanierung führt in den meisten Fällen nachweislich zu höheren Quoten.

M&A-Transaktionen – So sind sie krisenfest

M&A Transaktionen – So sind sie krisenfest

Jede Transaktion eines Unternehmens oder eines Unternehmensteiles muss gründlich vorbereitet werden – vor allem in Distressed Situationen. Dabei unterstützt der M&A Advisor ganzheitlich den Kauf- oder Verkaufsprozess als Projektleiter für das Unternehmen. Im Rahmen der sog. Due Diligence werden die wirtschaftlichen, finanziellen, steuerlichen, technischen und rechtlichen Gegebenheiten des Unternehmens detailliert analysiert.

Beratung des Käufers: Nicht nur die Zahlen prüfen
1. Allgemeine finanzielle Kennzahlen
Bei der Financial Due Diligence steht die historische und geplante Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens im Vordergrund. Dabei werden Finanzkennzahlen wie Umsatz, EBITDA und EBIT betrachtet, aber auch die internen Reporting- und Risikomanagementsysteme. Entscheidend ist die Business Planung für die Zukunft, die auch das Working Capital beinhaltet.

2. Liquidität und zusätzlicher Finanzierungsbedarf
Das Thema Liquidität spielt eine sehr wichtige Rolle und darf neben der Rentabilität bei der Bewertung von möglichen Unternehmenskäufen nicht vergessen werden. Es muss insbesondere auch der künftige Kapitalbedarf angemessen analysiert werden.

3. Weiterführende Prüfungen
Bei Distressed-Transaktionen müssen mögliche Insolvenzantragsgründe vor der Transaktion geprüft werden. Stellt das gekaufte Unternehmen wenige Wochen später einen Insolvenzantrag, drohen dem Käufer Anfechtungs- und Haftungsansprüche sowie weitere rechtliche Risiken.

Beratung des Verkäufers: Mehr als die Unternehmensbewertung
Auch auf der Seite des Verkäufers gibt es Punkte, die dringend beachtet werden sollten.

Hier ein Überblick:

1. Gründliche Vorbereitung
Unterlagen, Business Planung und Datenraum müssen gründlich vorbereitet werden, um ein optimales Verkaufsergebnis zu erzielen.

2. Realistische Unternehmensbewertung
Die Analyse des Unternehmenswertes erfolgt im Rahmen der Business Planung und meist auf Basis zukünftiger Gewinne und Cash-Flows. Vor allem muss geprüft werden, ob die zugrunde gelegten Zahlen realistisch sind.

3. Diskreter Verkaufsprozess
Diskretion beim Unternehmensverkauf ist für alle Beteiligten wichtig. Insbesondere Kunden oder Lieferanten könnten verunsichert sein, wenn die Verkaufsabsicht zu früh bekannt wird.
· Ludwig Stern, Nikolaus Röver, PLUTA Niederlassung München

Start-ups – Erfolg nicht garantiert

Vermehrt befinden sich junge Unternehmen in der Krise. Sie stehen oftmals vor anderen Herausforderungen als etablierte Unternehmen. Eine kurze Analyse.

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der insolventen Start-ups erheblich gestiegen. Insgesamt 297 meldeten Insolvenz an, wie ein Datendienst ermittelte. Das waren 33 Prozent mehr als 2021 und sogar 65 Prozent mehr als 2022. Damit ist die Zunahme an Insolvenzen unter den jungen Betrieben deutlich höher als in der Gesamtwirtschaft.

Unterschiede in der Finanzierungsstruktur
Die Herausforderungen, vor denen junge Unternehmen derzeit stehen, sind nur auf den ersten Blick vergleichbar mit denen etablierter Unternehmen. Zwar belastet die gesamtwirtschaftliche Lage viele Betriebe, aber je nach Geschäftsmodell haben Start-ups besondere Herausforderungen zu meistern. Viele Start-ups sind mit Eigenkapital finanziert. Sprich: Investoren geben in Finanzierungsrunden Kapital in die Unternehmen und bekommen dafür Anteile. Diese verhalten sich aufgrund der weltweit zunehmenden Spannungen, der gestiegenen Inflation und des Zinsanstiegs aber inzwischen deutlich zögerlicher. So haben Investoren im vergangenen Jahr in Deutschland 39 Prozent weniger Geld in Start-ups eingebracht als noch ein Jahr zuvor. Unternehmen, deren Produkte noch keine Marktreife erreicht haben, kann durch eine Finanzierungslücke also schnell die Luft ausgehen. Trotz des aktuell schwierigen Umfelds können auch junge Unternehmen in einem Insolvenzverfahren saniert werden. Bei Unternehmen mit B2B- oder B2C-Lösungen gilt es, eine Betriebsfortführung zu ermöglichen, um das Unternehmen für neue Investoren attraktiv zu halten. Bei Unternehmen, die eine neue Technologie entwickelt haben, aber noch keine Umsätze erzielen, ist der Innovationsgrad entscheidend. Investoren setzen dabei v.a. auf Geschäftsmodelle, die einen Markt mit einer skalierbaren Lösung adressieren und Aussicht auf Profitabilität haben. Aus Verwaltersicht steht dabei im Mittelpunkt, den Wert des Unternehmens zu erhalten und zugunsten der Gläubiger zu realisieren.
· Frank Brachwitz, PLUTA Niederlassung Berlin

Insolvenzanträge – Tendenz steigend

Ob Kaufhäuser, Immobilienunternehmen oder soziale Einrichtungen – nahezu täglich berichten die Medien über einen Insolvenzantrag eines namhaften Unternehmens, oftmals mit mehreren hundert Beschäftigten. Doch steigt die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer wirklich? Ein Blick auf die Statistik der Agentur für Arbeit zeigt: Das Gefühl täuscht nicht.

Der Vergleich der vergangenen fünf Jahre belegt: Die Zahl der gestellten Anträge auf Insolvenzgeld steigt. Dies gilt jedoch erst seit 2021. Das Pandemiejahr 2020 sorgte zunächst für einen Rückgang bei der Zahl der Anträge. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass sich zahlreiche Arbeitnehmer in Kurzarbeit befanden – im Durchschnitt fast 3 Millionen Menschen in 2020 und 1,9 Millionen in 2021. 2022 reduzierte sich diese Zahl auf rund 425.000 Kurzarbeiter (Quelle: Statista). Analog entwickelte sich die Zahl der Insolvenzanträge in diesen Jahren. 2023 wurden insgesamt über 151.000 Insolvenzgeldanträge gestellt. Damit erreicht die Zahl der gestellten Anträge das Niveau von 2019 – damals waren es noch mehr als 155.000 Anträge. Hier könnte man daher bereits von einer kleinen Welle sprechen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Zahlen weitersteigen.
· Dr. Stephan Laubereau, PLUTA Niederlassung Frankfurt

Anträge auf Insolvenzgeld

Anträge auf Insolvenzgeld
Anträge auf Insolvenzgeld = Summe der Anträge gestellt durch Arbeitnehmer + gestellt durch Dritte + gestellt durch Einzugsstellen (Quelle: Agentur für Arbeit)

Aktuelle Meldungen aus den Branchen

Erste Lösungen für bekannten Autozulieferer

Stuttgart / Hamburg. Für die weltweit tätige Allgaier Gruppe verkündete das PLUTA-Team positive Nachrichten: Michael Wahl fand einen Investor für die Allgaier Process Technology und Christian Heim erzielte ebenfalls eine Investorenlösung für den Maschinenbauer Mogensen aus Schleswig-Holstein. Insgesamt bleiben damit rund 300 Arbeitsplätze erhalten. Für die Allgaier-Gesellschaft in Sachsen führt Heinz-Joachim Hombach derzeit Gespräche mit Investoren. Bei der Allgaier Automotive GmbH, der größten Gesellschaft des Autozulieferers mit mehr als 700 Mitarbeitern am Hauptstandort in Baden-Württemberg, läuft der Geschäftsbetrieb stabil weiter.

Neustart für Online-Start-up

Berlin. Frank Brachwitz vermeldet positive Nachrichten im Insolvenzverfahren des Start-ups Wunderkarten. Der Geschäftsbetrieb konnte im Wege einer übertragenden Sanierung an einen Investor veräußert werden. Das Unternehmen, das sich auf Gruß- und Einladungskarten spezialisiert hat, bleibt damit vollständig erhalten. Alle Mitarbeiter wurden vom Erwerber übernommen. Der bisherige Geschäftsführer bleibt ebenfalls an Bord.

Börsenkonzern kauft Klimatechnikbetrieb

Kempten. Florian A. Zistler führte erfolgreiche Verhandlungen mit der renommierten BayWa-Gruppe und erzielte eine Investorenlösung für die insolvente Urlbauer Haustechnik. Mehr als 100 Arbeitsplätze des Familienbetriebes aus dem Allgäu bleiben erhalten. Die Übernahme ist aus Sicht des Investors eine attraktive Wachstumsmöglichkeit im Kerngeschäft Sanitär, Heizung und Klima. Das Portfolio wird weiter ausgebaut.

Teillösung für Signa-Unternehmen

Bielefeld. Für ein großes Medienecho sorgten die finanziellen Probleme der Signa-Gruppe von René Benko. Die ersten Insolvenzen der Firmengruppe betrafen mehrere Gesellschaften der Signa Sports United Gruppe, die sich auf E-Commerce in den Segmenten Fahrrad und Tennis spezialisiert hat. Stefan Meyer ist als Insolvenzverwalter von zwei Unternehmen der Gruppe tätig. Er arbeitet aufgrund der Verflechtung der Gesellschaften eng mit Dr. Christian Gerloff von der Kanzlei Gerloff Liebler zusammen. Für die insolvente Tennis-Point GmbH wurde ein Käufer gefunden. Ein Konsortium übernahm im Rahmen eines Asset Deals den Geschäftsbetrieb. Das PLUTA-Team führte die Verhandlungen für den Verkauf der Vertriebsgesellschaft in den USA und Frankreich.

Asset-Deal für Tennis-Point
Asset-Deal für Tennis-Point

M&A-Deal für Krankenhaus

Köln. Dr. Ruth Rigol und Dr. Norman Werner haben die Geschäftsführung der gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) beim Kauf eines Krankenhauses in Hilden beraten. Die Klinik befand sich in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und wurde von der GFO erworben. Dr. Rigol war für sämtliche insolvenzrechtlichen Themen verantwortlich. Der Healthcare-Transaktionsexperte Dr. Werner führte die Kaufvertragsverhandlungen. Die M&A-Transaktion wurde innerhalb von nur drei Monaten umgesetzt. Der Vollzug ist bereits knapp drei Wochen nach Unterzeichnung des Kaufvertrages gelungen, was im regulierten Gesundheitsbereich außergewöhnlich ist. Mit der neuen Struktur ist die Versorgung der Patienten in der gesamten Region sichergestellt.

Investor für Werbeagentur

München. Die Looping Group setzt für namhafte Auftraggeber innovative Werbekampagnen um. Dennoch musste die von renommierten Journalisten und Produzenten gegründete Kommunikationsagentur Insolvenz anmelden. Entsprechend groß war das Medienecho. Insolvenzverwalter Ivo-Meinert Willrodt führte den Betrieb fort und fand wenige Wochen später einen Investor, der den Großteil der Beschäftigten übernahm.

Fortführung bei Digitalagentur
Fortführung bei Digitalagentur

Vakuumspezialist bleibt erhalten

Frankfurt / München. Das PLUTA-Team um Philip Konen, Ludwig Stern und Kristina Breuer erzielte für das Unternehmen Meßner im Rahmen des Eigenverwaltungsverfahrens eine Nachfolgelösung. Ein Großteil der Mitarbeiter wird übernommen. Das Unternehmen wurde 1970 gegründet und ist in den Geschäftsbereichen Vakuumtechnik und Wassergartentechnik tätig. Die Produkte sind bekannt für ihre hohe Qualität.

Neuigkeiten bei PLUTA

München / Leipzig / Madrid. PLUTA vermeldet einen Neuzugang im Bereich M&A. Nikolaus Röver ist Gesellschafter der PLUTA Management GmbH und wird den Bereich M&A-Transactions verantwortlich ausbauen. Heinz-Joachim Hombach wurde in den Gesellschafterkreis der PLUTA Rechtsanwalts GmbH aufgenommen. Auch international gibt es Neuigkeiten: Die Insolvenz- und Restrukturierungsanwältin Georgina Porté verstärkt die PLUTA-Niederlassung in Barcelona und ist Co-Leiterin des Italian Desk in Spanien. Ivo-Meinert Willrodt ist erneut zum Präsidenten des EIP Verbands gewählt worden und der Spanier Xavier Garcia Esteve wurde zum Co-Vorsitzenden der TRIP-Gruppe von INSOL Europe ernannt.

In motion in Berlin

Berlin. In Bewegung bleiben, sich im geschäftlichen Bereich neuen Markterfordernissen immer wieder anpassen – diesem wichtigen Grundsatz für Insolvenzverwaltung und Sanierung widmete PLUTA die diesjährige Abendveranstaltung „In motion“, die im März 2024 in Berlin rund 350 Experten aus beiden Bereichen zusammenführte. In der beeindruckenden Location von Stararchitekt Frank O. Gehry am Brandenburger Tor erlebten die Gäste Bewegung in vielfältiger Form. Das Programm der Veranstaltung war abwechslungsreich aufgebaut und für diesen Abend zusammengestellt: Dabei war die mehrteilige Show „Classic in motion“ mit namhaften internationalen Künstlern eines der diesjährigen Highlights. Die Gäste zeigten sich beeindruckt von akrobatischen Darbietungen und musikalischen Beiträgen. Das Feedback war durchwegs positiv.

Veranstaltungs-Highlight am 24.3.2024
Veranstaltungs-Highlight am 24.3.2024

Start-up-Insolvenzen – Verfahren mit besonderen Herausforderungen

Herr Brachwitz, Sie sind einer der meistbestellten Insolvenzverwalter Deutschlands. In den letzten Jahren sind insolvente Start-ups einer Ihrer Schwerpunkte. Was sind deren Charakteristika?
Start-up-Unternehmen sind davon geprägt, dass sie neuartige Geschäftsmodelle verfolgen. Dies können z.B. ein neu entwickeltes Produkt oder eine neuartige Software sein. Es kann sich aber auch um eine neue Vertriebsstrategie handeln. Allen Start-ups ist jedoch gemein, dass sie noch über keine langjährig gewachsenen Geschäftsbeziehungen zu Kunden, Lieferanten oder Dienstleistern verfügen.

Die Zahl der Start-up-Insolvenzen steigt gerade. Worin unterscheidet sich die Sanierung etablierter Unternehmen von der bei Start-ups?
Die Sanierung eines jeden Unternehmens beginnt bei der Analyse der Krisenursachen. Und diese unterscheiden sich bei Start-ups deutlich von denen der klassischen Unternehmen. So kommt es beispielsweise vor, dass Start-ups schlichtweg das Geld ausgeht, kurz bevor das Produkt oder die Geschäftsidee zur Marktreife gelangt ist oder bevor der Umsatz eine Größenordnung erreicht hat, die zu einem kostendeckenden Betriebsergebnis geführt hätte. Hier setzen die Überlegungen für eine Sanierung an. Gemeinsam mit dem Management und den wesentlichen Stakeholdern prüfen wir, welche Sanierungsoptionen Erfolg versprechend sind. Wenn, wie in vielen Fällen, noch kein operativer Geschäftsbetrieb vorliegt, sind leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen häufig von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger ist es oftmals, die vorhandene Finanzierungsstruktur zu analysieren und auf eine zukunftsfähige Grundlage zu stellen.

Welches Know-how muss der Insolvenzverwalter mit seinem Team mitbringen?
Die Bearbeitung von Start-up-Unternehmen bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Neben dem klassischen juristischen und betriebswirtschaftlichen Handwerkszeug sind technologische Neugier und ein Verständnis von digitalen Geschäftsmodellen unumgänglich. Zudem sind auch im Rahmen der Betriebsfortführung einige Besonderheiten zu beachten. So kann man z.B. nicht einfach bei internationalen Tech-Unternehmen anrufen, um über die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zu verhandeln, weil dort – jedenfalls über die üblichen Kommunikationswege – schlichtweg kein direkter Ansprechpartner erreichbar ist. Hier sind Kreativität und Erfahrung gefragt, um gleichwohl zum gewünschten Ergebnis zu kommen und das angestrebte Sanierungsziel zu erreichen.

Nicht immer verhalten sich Verfahrensbeteiligte gesetzeskonform. Sie haben eine besondere Expertise für sogenannte Kriminalinsolvenzen. Wie kam es dazu?
Rechtswidriges Verhalten ist typischerweise kein Problem von Start-up-Unternehmern. Diese haben eine Geschäftsidee, für die sie brennen und sich engagieren. Anders ist dies bei Menschen, die bewusst mit krimineller Energie agieren, um sich oder Dritten rechtswidrige Vermögensvorteile zu verschaffen.
Im Bereich solcher Kriminalinsolvenzen habe ich in den letzten Jahren viel Erfahrung sammeln können. So war ich beispielsweise für die Bearbeitung von großen Insolvenzverfahren mit zum Teil mehreren zehntausend Geschädigten verantwortlich. Abgesehen von den logistischen Herausforderungen, die Verfahren dieser Größenordnung mit sich bringen, unterscheiden sich solche Verfahren auch bei der Ermittlung und Realisierung der Vermögenswerte deutlich von „normalen“ Insolvenzverfahren. Dies beginnt bereits mit der Sicherstellung und Aufbereitung der Geschäftsunterlagen. Denn diese werden häufig nicht einfach von den Verantwortlichen an den Insolvenzverwalter übergeben, sondern von den Strafermittlungsbehörden bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt. Deshalb ist es wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen zu kennen und praktische Wege zu finden, auch solche Unterlagen und Daten für das Insolvenzverfahren nutzbar zu machen. So haben wir beispielsweise in einem größeren Verfahren regalweise beschlagnahmte Unterlagen digitalisiert, um sie sodann strukturiert auswerten zu können. Gemeinsam mit den forensisch aufbereiteten digitalen Daten erzielen wir hier für die geschädigten Gläubiger beachtliche und meist überdurchschnittliche Ergebnisse.

Was ist nötig, um solche Verfahren erfolgreich zu lösen?
Wichtig sind Teamarbeit und Erfahrung. Und ein detektivisches Gespür. So haben wir z.B. in einem Verfahren mithilfe einer vom Insolvenzgericht angeordneten vorläufigen Postsperre ein Angebot an den Schuldner für den Einbau einer Heizungsanlage gefunden, obwohl er als Mieter in einer Mietwohnung gewohnt hat. Die weiteren Recherchen haben sodann ergeben, dass dem Schuldner eine noch im Bau befindliche Villa gehörte, die er mir verschwiegen hatte. In einem anderen Fall habe ich eine verheimlichte Eigentumswohnung gefunden, weil bei der akribischen Auswertung von hunderten Kontoauszügen eine Zahlung von Grunderwerbsteuer aufgefallen war.

Bei solchen Verfahren muss man auch abschalten. Wie können Sie das am besten?
Ich reise gerne. Nichts ist so inspirierend, wie neue Leute und fremde Kulturen kennenzulernen. Und das Reisen gibt mir Gelegenheit, einer weiteren Leidenschaft nachzugehen: Essen und der Versuch, die gewonnenen Eindrücke auch beim eigenen Kochen in die Gerichte einfließen zu lassen.

Vielen Dank für das Gespräch.
· Christiane Kunz, M.A., PLUTA Niederlassung Ulm

Frank Brachwitz

Frank Brachwitz
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Zur Person

Frank Brachwitz ist Rechtsanwalt und wird regelmäßig zum Insolvenzverwalter bestellt. Er ist Prokurist bei PLUTA und stellvertretender Niederlassungsleiter in Berlin.

PLUTAkurios

Plakat auf der Baustelle eines insolventen Bauunternehmens:

„Sind die Bagger weg, ist die Zukunft da!“

→ Die Baustelle sieht trostlos aus, aber der Insolvenzverwalter ist jetzt da. Die Krise am Immobilienmarkt führt zu zahlreichen Insolvenzen und trifft auch einige Bauunternehmen.

Hinweise
PLUTAnews erscheint zweimal jährlich mit aktuellen Branchen-Insights der Sanierungs- und Restrukturierungsbranche. Nachdruck und Vervielfältigungen sind nur mit vorheriger Genehmigung von PLUTA gestattet.

Zu den Bildnachweisen

Redaktion
Dr. M. Pluta
L. Stern
N. Röver
F. Brachwitz
M. Pluta
Dr. S. Laubereau
P. Sutter
V. Herzog
C. Kunz