PLUTAnews Ausgabe 10
Wir helfen Unternehmen.

Wirksame Kontrolle im Insolvenzverfahren

August 2015

Die Effizienz vieler Verfahren könnte steigen, wenn Gläubiger, Gerichte und die Verwalter selbst ihren Pflichten besser nachkommen.

Karikatur - Gläubigerausschuss

Ein gängiger Fall aus der Praxis: Der Insolvenzantrag des Mittelständlers stammt aus dem Jahr 2005, doch zehn Jahre später läuft das Verfahren immer noch. Bereits vor einigen Jahren ergab eine Studie, dass rund 30 Prozent der Regelverfahren acht bis zehn Jahre nach Insolvenzeröffnung noch nicht beendet sind. Solche Endlosverfahren sind weder im Sinne des Gesetzgebers noch der Beteiligten.

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Fazit

Gerichte, Gläubiger und vor allem die Gläubigerausschüsse sollten ihre Kontrollfunktionen nutzen und Insolvenzverfahren wo möglich beschleunigen. Schließlich sind für die Verwalter nicht nur die Quoten, sondern auch die Verfahrensdauer wichtige Erfolgsmaßstäbe ihrer Arbeit.

SANIERUNGaktuell

Erfolgsfaktor CRO

TMA Europe Kongress in Stockholm

Auf der diesjährigen Jahreskonferenz der TMA Europe ­(Turnaround Management Association) trafen sich rund 150 europäische Branchenexperten, um sich über aktuelle Entwicklungen in der Sanierungsbranche auszutauschen. Die zweitägige Leitveranstaltung in Europa, die im Juni in Stockholm stattfand, unterstützte PLUTA erstmals als Sponsor. Vor Ort waren Dr. Maximilian Pluta und Ivo-Meinert Willrodt aus München sowie Dr. Joaquim Sarrate aus Spanien.

Das Motto der Konferenz lautete „Rebuilding after the turn­around“. Als Keynote-Speaker der Veranstaltung sprach ­Alexander Graf Matuschka-Greiffenclau, Chief ­Transformation Officer und früherer Chief Restructuring Officer von Nokia. Der Restrukturierungsexperte erklärte, dass seine Position als CRO von grundlegender Bedeutung für den Erfolg ­gewesen sei; als CRO konzentrierte er sich voll auf den Turnaround, während das bestehende Management das operative Tagesgeschäft vorantrieb. Nokia investiere nun wieder in F&E sowie Mitarbeiter, nach dem Turnaround käme die „Rebuild“-Phase. Zudem plant das Unternehmen die Übernahme des Netzwerkausrüsters Alcatel-Lucent. · CK

Grenzüberschreitende Sanierung

BTG Global Advisory

Gerade in Krisensituationen fordern global agierende Unternehmen eine grenzüberschreitende Beratung. Das internationale Netzwerk BTG Global Advisory, zu dem auch PLUTA gehört, wird künftig verstärkt Dienstleistungen für internationale Sanierungen anbieten. „Früher lag der Schwerpunkt des Netzwerks auf der Insolvenzverwaltung, heute ergänzt die wichtige vorinsolvenzliche Restrukturierung das Leistungsspektrum“, erklärte Dr. Martin Prager, der für das internationale Geschäft von PLUTA verantwortlich ist.

BTG Global Advisory deckt weite Teile von Europa, ­Nordamerika und Asien ab. Neu in das Netzwerk kamen in diesem Jahr GlassRatner Advisory & Capital Group aus den USA sowie Rodgers Reidy mit Sitz in Australien, Hong Kong, Malaysia und Neuseeland. Mehrjährige Netzwerkmitglieder sind die Farber Financial Group aus Kanada sowie Begbies Traynor aus dem Vereinigten Königreich und Integrated Capital Services Limited aus Indien. PLUTA unterstützt das Netzwerk mit den Standorten in Deutschland, Italien, Spanien und Polen. · PS

Innovativer Branchentreff in Berlin

Michael Pluta bei seiner Eröffnungsrede

Anlässlich des Insolvenzrechtstags in Berlin veranstaltete PLUTA eine Soirée in blue im Museum für Kommunikation und präsentierte dabei auch Mode von STRENESSE. Über 200 Gäste besuchten die Abendveranstaltung, die sich ­insbesondere dem Thema Sanierung in Eigenverwaltung widmete. Zum Treffen der Sanierungs- und Insolvenzspezialisten kamen Besucher aus ganz Deutschland und dem Ausland. Bereits zum zweiten Mal organisierte die Rechtsanwaltsgesellschaft eine Veranstaltung dieser Art. Geschäftsführer Michael ­Pluta sagte: „Wir verdeutlichen mit dieser Veranstaltung, wie wir Unternehmen sanieren – das Modeunternehmen STRENESSE ist dafür ein sehr gutes Beispiel.“ · CK

PLUTAaktuell

Mit Eigenverwaltung aus der Krise

CNC-Fertigung bei der Mack Gruppe, die Eggert übernahm

Bremen / Würzburg / Ulm Die Sanierungsexperten von PLUTA ­betreuen derzeit mehrere Eigenverwaltungsverfahren. Die Winter Holzbau GmbH mit Sitz in Thedinghausen in der Nähe von Bremen ist in der Fenster- und Türenbranche tätig. Das Unternehmen mit 91 Mitarbeitern wird von Torsten Gutmann und Dr. Christian Kaufmann unterstützt. In Eigenverwaltung befindet sich auch die Suhler Gesenkschmiede und Bearbeitungswerk GmbH aus Thüringen. Das Unternehmen stellt Schmiedestücke aus Stahl her und beschäftigt 35 Mitarbeiter. Jochen Glück sowie Christoph Wagner aus Würzburg unterstützen und ­beraten die Geschäftsführung. Wichtige Kunden wurden gehalten, die Aussichten sind vielversprechend.

Eine Investorenlösung in einem anderen Eigenverwaltungsverfahren gelang Martina Hengartner. Die Eggert GmbH aus dem schwäbischen Burgrieden wurde an eine Unternehmensgruppe aus der Region verkauft. Hengartner war als Sanierungsgeschäftsführerin für die Firma Eggert tätig und konnte 60 Arbeitsplätze erhalten.

Über 30.000 Reisen gesichert

nicko cruises-Schiff - MS Katharina von Bora

Stuttgart Ob Donau, Elbe, Rhein, Wolga oder Ganges – das ­Unternehmen nicko cruises fährt fast überallhin, wo Flussschiffe kreuzen können. Doch vor der Hauptsaison musste der Marktführer von Flusskreuzfahrten Insolvenz anmelden. Insolvenzverwalter Michael Pluta ist es gelungen, dass die Reisen bis Saisonende 2015 durchgeführt werden.

Das Team um Michael Pluta, Stephan Gittel, Heinz-Joachim Hombach und Fritz Zanker hat über 30.000 Reisen gesichert, was zu Beginn ein äußerst schwieriges Unterfangen war. Von Woche zu Woche verhandelten die PLUTA-Mitarbeiter weltweit mit allen Beteiligten – vom Reisegaranten über Charterer, Hotels, Bahn, Fluggesellschaften und Busunternehmen bis hin zu den Hafenbehörden. Zeitgleich optimierten die Sanierungsexperten die Auslastung der gesamten Flotte und führten einen Investorenprozess durch. Mit Erfolg: Die portugiesische Reise­veranstalterholding Mystic Invest erwarb erst kürzlich nicko cruises.

Neukunden gewonnen

Ulm Keine Aufträge und wenig Hoffnung auf eine Rettung – unter diesen schwierigen Bedingungen startete Insolvenzverwalter ­Michael Pluta die Arbeit bei einem insolventen Unternehmen aus ­Thannhausen. Fünf Monate später konnte er die AdMould Werkzeugbau GmbH ­erfolgreich veräußern. Käufer ist die österreichische POLYTEC GROUP, die über eine Tochtergesellschaft alle 28 Beschäftigten übernimmt. Zuvor hatte Michael Pluta gemeinsam mit Andreas Hummel den ­Geschäftsbetrieb fortgeführt, das Unternehmen restrukturiert und kontinuierlich die Auslastung gesteigert. In der Insolvenz konnte das PLUTA-Team nicht nur bestehende Kunden halten, sondern sogar einen wichtigen Neukunden gewinnen. Die Anstrengungen lohnen sich auch für die Gläubiger. Sie können mit einer Quote von rund 90 Prozent rechnen.

Friesenhof muss schließen

Hamburg Der Friesenhof geriet im Juni in die Schlagzeilen der ­Medien, zwei Häuser mussten auf behördliche Anweisung sogar geschlossen werden. Daraufhin stellte die Friesenhof Kinder- und Jugendhilfe­einrichtung Insolvenzantrag. Das Amtsgericht Meldorf bestellte ­Christian Heim zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Kurze Zeit später wurden auch die zwei verbliebenen Friesenhof-Einrichtungen ­geschlossen. Christian Heim erklärt: „Ein wirtschaftlicher Betrieb ist nicht mehr möglich. Daher muss der Friesenhof geschlossen werden.“ Im Friesenhof wurden Mädchen und junge Frauen mit schweren ­psychischen Problemen und Verhaltensauffälligkeiten betreut.

Die 75-Million-Liter-Diesel-Frage

München In Krailling in der Nähe von München lagern rund 75 ­Millionen Liter Diesel in überwiegend unterirdischen Tanks als Notreserve des tschechischen Staats. Ende 2014 musste die Viktoria­gruppe, die das Tanklager betreibt, Insolvenz anmelden. Zentrale Frage des Verfahrens ist, wer überhaupt Eigentümer des Diesels ist. Nach Angaben von Insolvenzverwalter Mirko Möllen bestehen erhebliche im deutschen Sachenrecht wurzelnde Rechtsgründe, die gegen einen wirksamen Eigentumserwerb der Tschechischen Republik sprechen. In dieser Frage führt Möllen seit geraumer Zeit intensive Gespräche mit den tschechischen Behörden. Die Klärung der Sach- und Rechtslage ist kompliziert, da das Verfahren länderübergreifend geführt wird und komplexe Rechtsfragen im Raum stehen.

Investor für Autohof

Bayreuth An der Autobahn A 9 Ausfahrt Himmelkron können die ­Autofahrer endlich wieder tanken. Insolvenzverwalter Holger Ch. Buehler erzielte eine Lösung für den insolventen Autohof. Vorangegangen waren langwierige Verhandlungen mit Interessenten. Die Euro Rastpark GmbH & Co. KG aus Regensburg übernimmt sowohl das Erbbaurecht als auch das Grundstück. Grund und Gebäude liegen damit künftig in einer Hand. Gemeinsam mit dem Erbbaurecht ­konnte der Insolvenzverwalter auch den Verkauf des entsprechenden Grundstücksteils verhandeln. Buehler gelang damit eine Gesamtlösung, die über das Insolvenzverfahren hinausgeht.

Lösungen trotz Bauinsolvenz

Leipzig Die Unternehmensgruppe LICON mit Bauvorhaben in ganz Deutschland musste für 18 Gesellschaften Insolvenz anmelden. Insolvenzverwalter Dr. Stephan Thiemann und sein Team erarbeiten seither Lösungen für Hunderte betroffene Immobilienerwerber. Bei den Fehrbelliner Höfen mit 177 denkmalgeschützten Wohnungen in Berlin arbeitet das PLUTA-Team daran, dass die Eigentümer trotz der Insolvenz die Denkmal-Afa nutzen können. Für den Flaschenturm, bei dem eine stillgelegte Brauerei in Wohnungen umgewandelt wird, unterstützt Dr. Thiemann eine Lösung, die eine Fertigstellung des Bauvorhabens ermöglicht.

Rettung für Krankenhaus

Frankfurt Viele Kliniken schreiben Verluste. 16 Prozent der Krankenhäuser befinden sich sogar im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Krankenhaus Rating Report, der erst kürzlich in Berlin vorgestellt wurde. Auch PLUTA hat zuletzt mehrere Klinikinsolvenzen betreut.

Insolvenzverwalter Dr. Stephan Laubereau fand für die Klinik Lohrey in Hessen nun einen Käufer. Durch das Insolvenzplanverfahren konnte er die Rehaklinik schuldenfrei an einen neuen Gesellschafter übergeben. Rolf Scholz aus Bad König übernahm die Klinik mit allen 140 Mitarbeitern. „Dieser Verkauf ist für alle Beteiligten die beste Lösung. Die Klinik hat damit sehr gute Perspektiven für die Zukunft“, erklärte Dr. Laubereau, der von Torsten Gutmann und Dr. Christian Kaufmann aus Hannover und Bremen unterstützt wurde. Diese konnten bereits Anfang des Jahres den Restrukturierungsprozess des Klinikums Osnabrücker Land abschließen. Die Expertise Gutmanns zu diesem Thema ist auch auf dem Handelsblatt-Insolvenzrechtssymposium am 8. Oktober 2015 gefragt. In seinem Vortrag befasst er sich mit dem kommunalen Krankenhaus in der Insolvenz und der Restrukturierung im Spannungsfeld zwischen Politik und Wirtschaft.

Im Gespräch

Spektakulärstes Verfahren

Herr Möllen, woran arbeiten Sie derzeit vorrangig?
Meine Tätigkeit als Insolvenzverwalter der Viktoriagruppe beansprucht viel Zeit. Die Firma lagert in Deutschland 75 Millionen Liter Diesel für den tschechischen Staat.

Ist das die spektakulärste Insolvenz, die Sie je betreut haben?
Es gibt viele spannende Verfahren. Doch aufgrund der ­internationalen Auswirkungen und der Wellen, die es auch auf politischer Ebene schlägt, ist es sicherlich das spektakulärste Verfahren. Das kann man schon am medialen ­Interesse und den vielen Berichten im In- und Ausland erkennen.

Was war Ihr bisher erfolgreichstes Verfahren?
Das kommt auf die Sichtweise an. Über die erfolgreiche ­Begleitung von drei der ersten ESUG-Verfahren als ­Sachwalter habe ich mich sehr gefreut; sie führten zur Sanierung von drei Firmen aus der Fitness- und Rehabranche. Erst kürzlich konnte ich ein sehr spezielles Unternehmen unter ­schwierigen Bedingungen nicht nur erfolgreich fortführen, sondern auch an einen Investor verkaufen. Die Arbeitsplätze blieben ­erhalten und die Insolvenzquote für die Gläubiger wird voraussichtlich 100 Prozent betragen.

Wie sehen Sie die Rolle als Sachwalter?
Als Sachwalter hat man die Aufgabe, die Dinge objektiv, mit Sachverstand und mit Sorgfalt im Auftrag des Gerichts zu begleiten. Das Gericht muss sich auf den Sachwalter ­verlassen können. Die korrekte Umsetzung dieses gesetzgeberischen Ziels ist sicher eine sehr wichtige Aufgabe.

Generell steigt die Zahl der Eigenverwaltungsverfahren. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Es gibt Verfahren, die sich dafür sehr gut eignen. Auch wenn dies nicht die Masse der Verfahren betrifft, so halte ich die Entwicklung im Grundsatz für positiv.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf?
Man hat Einblick in sehr viele Branchen und lernt so jeden Tag noch dazu.

Was machen Sie in der Freizeit, um abzuschalten?
Alles, was mit Sport zu tun hat, aber ohne dass es nass wird. Vor allem Mountainbiken, Fußball und Skaten im Winter. ­Zudem koche ich unglaublich gerne bei guter Musik und kann dabei perfekt abschalten.

Ihr Kanzleisitz ist in München. FC Bayern oder 1860 München?
Das darf ich eigentlich gar nicht verraten – VfB Stuttgart! Meinem Heimatverein bin ich schon als kleiner Junge verbunden gewesen und daran wird sich auch nichts ändern.

Vielen Dank für das Gespräch. · PS

Mirko Möllen

Mirko Möllen
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Zur Person

Mirko Möllen, 46, ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und seit 2003 bei PLUTA in München. Nach dem Studium der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften an den Universitäten Bayreuth und Konstanz arbeitete er mehrere Jahre als Rechtsanwalt in einer renommierten Wirtschaftskanzlei. Später war Möllen im höheren Dienst bei der Oberfinanzdirektion Stuttgart u. a. im Bereich der Steuerfahndung tätig.

PLUTAkurios

Wenn Notare helfen sollen

Schreiben eines Reisenden zur Veranstalterinsolvenz: Die fällige Restzahlung (30 Tage vor Reiseantritt) werde ich nur dann leisten, wenn mir bis dahin eine notariell verbürgte Zusage zur uneingeschränkten Reisedurchführung vorliegt.

Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.

Hinweise
PLUTAnews erscheint dreimal jährlich mit aktuellen Branchen Insights der Sanierungs- und Restrukturierungsbranche. Nachdruck und Vervielfältigungen sind nur mit vorheriger Genehmigung von PLUTA gestattet.

Zu den Bildnachweisen

Redaktion
Dr. S. Laubereau
M. Pluta
P. Sutter
Ch. Kunz